Grand Canyon du Verdon

Grand Canyon du Verdon

Tag 7 & 8: Castellane

Ich lege zwei Pausentage ein, um mich von der ersten Woche zu erholen und eine weitere Schlechtwetterfront abzuwarten.

Castellane ist eine reizende, kleine, alte Stadt in der Nähe des berühmten „Grand Canyon du Verdon“ und ist dabei erstaunlich jung: es ist fest in der Hand sonnengebräunter, lässiger Menschen, die hier Rafting-, Canyoning- und Klettertouren anbieten, Hipsterrestaurants und Craftbeerbars betreiben.

Castellane am Verdon

Ich hingegen konzentriere mich auf schlafen, essen und schlafen.

Tag 8: Castellane – Rougon

Die letzten Nebelschwaden hängen noch über den Wäldern, als ich mich auf den Weg mache. Hoch über dem Verdon wandere ich durch Wälder und schließlich über eine feuchte Hochebene.

Wolkenfetzen hängen an den Bergen.

Nicht die Dolomiten.
Dunkle Regenwolken verfolgen mich.

Heute treffe ich zum ersten Mal zahlreiche andere Wanderer; die Nähe zur Gorge du Verdon als Touristenmagnet scheint sich bemerkbar zu machen. Für ein bisschen Smalltalk reicht dann sogar mein karges Französisch – aber auch viele Deutsche sind hier unterwegs.

In Rougon ist mein Tag früh zu Ende: direkt hinter dem Ort beginnt der Weg durch die Schlucht, die für morgen auf dem Programm steht. Ich schlage etwas Zeit tot, warte in einem Bushäuschen einen Gewitterschauer ab und beobachte die Geier, die über mir kreisen. Vor einigen Jahren wurden sie hier erfolgreich ausgewildert und bevölkern nun in einer großen Kolonie von rund 100 Tieren die Schlucht.

In der Nähe einer verfallenen Ruine schlage ich schließlich im Wald mein Lager auf. Hier spukt es doch bestimmt nachts!

Etappenlänge: ca. 18km

Wort des Tages: Vautour

Tag 9: Gorges du Verdon

Der Tag beginnt feucht und nebelig, doch ab heute soll das Wetter endlich besser werden.

Um 9 Uhr bin ich auf dem Weg; etwa 16km und rund 6 Stunden sind für die Wanderung durch die Gorges du Verdon angesetzt. Der Weg, „Sentier du Blanc-Martel“, wurde 1930 angelegt und zieht sich spektakulär auf halber Höhe zwischen Kamm und Flussbett durch die Steilhänge.

Einstieg in die Gorges du Verdon

Schon kurz nach dem Start durchquert der Weg auf über 600m Länge einen alten Tunnel, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts für ein damals geplantes und nie vollendetes Wasserkraftwerk angelegt wurde. Es ist stockfinster und das Wasser steht knöcheltief im Tunnel. Und ich hatte mich SO auf den ersten Tag mit trockenen Füßen gefreut!

Auf über 250 Stufen durch den Fels

Der Weg führt immer wieder steil über Felsen auf und ab. Eine echte Kletterpartie! Die Schlucht tief unter ruft meine Höhenangst auf den Plan und lässt mich unsicher werden: Schaffe ich den Weg überhaupt? Wie schwierig wird es werden? Und was soll ich tun, wenn es nicht geht? Aussteigen ist hier nicht möglich. Es ist mental fast anstrengender als körperlich.

Gewagte Wegführung

Etwas Kontakt zu meinen Mitwanderern – erneut viele Deutsche – lenkt mich ab, und später treffe ich auch zwei Damen von gestern wieder: Pascale und Jocelyn, die genau wie ich auf längerer Tour sind. Bis Manosque in etwa einer Woche haben wir den gleichen Weg.

Und auch der Weg ist weniger schwierig als zunächst befürchtet, und so kann ich die wunderbare Strecke nun genießen.

Mittagspause am Ufer des Verdon
Ein frisch Gezapftes – direkt von der Decke einer natürlichen Grotte

Um 15:30 erreiche ich das „Chalet de Maline“ – nach genau 6,5 Stunden. Ein beruhigendes Gefühl, dass ich auch mit Gepäck die Wege gut in der angegebenen Zeit schaffe. Trotz der eher kurzen Strecke war es anstrengend, gut 1000 Höhenmeter im Auf und Ab hatte der Weg. So beschließe ich den Tag hier auf der Hütte, vom französischen Alpenverein betrieben: seit Nizza die erste Nacht in einem Bett!

Zu Pascale, Jocelyn und mir gesellt sich mit Léa noch eine junge Frau, die – mit Pferd! – gerade aus der Gegenrichtung kommt. Bei deftigem Essen vergeht der Abend und das Frühstück am nächsten Morgen mit angeregtem Erfahrungsaustausch zwischen Fernwandererinnen, über Touren und Ausrüstung, der in einer Zeltvorführung auf der Terrasse gipfelt. Trailcommunity auf dem GR4!

Etappenlänge: ca. 16km

Wort des Tages: vertige

Tag 10: Chalet La Maline – Moutiers Sainte-Marie

Der Wanderweg folgt nun der Panoramastraße oberhalb der Schlucht.

Ein letzter Blick zurück auf den „Grand Canyon“

La Palad-sur-Verdon, das Dorf am anderen Ende der Schlucht, ist schon jetzt, in der Nebensaison, von Touristen überlaufen. Viel zu breite Wohnmobile werden von überforderten Fahrern durch enge Straßen manövriert. Deutsche Kennzeichen überall. Ich kaufe schnell Brot, Käse und Obst und verschwinde.

Endlich ist Sommer!

Schon fast zu warm in der Sonne im Aufstieg, doch oben auf dem Bergrücken weht ein kühler Wind und im Schatten ist es herrlich. Ich genieße das Wetter in vollen Zügen. Ein perfekter Wandertag!

Panorama

Die letzten Kilometer geht es nach einem langen Tag noch mal steil bergab, doch das Panorama entschädigt für alle Schmerzen.

Tief unten glitzert der Lac Sainte-Croix…
… in den links der Verdon einmündet.

Herrlich!

Etappenlänge: ca. 25km

Wort des Tages: plaisir


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